… Allein unter Männern
Was wäre also gewesen, wenn? Wenn Franziska und Ute nicht zu selben Zeit in Sharm gewesen wären? (lies hier Kapitel 1)
Und mich — Klaus Reinhard — die beiden Frauen mich nicht zum Ausmalen meines Traumes von der eigenen Tauchschule animiert hätten? Da lag ich also einige Tage später erneut. Und ganz allein. Auf dem Boden eines Hauses, das diesen Namen nicht verdiente.
Kiesel und Wüstensand im Rücken, das Mondlicht durch die baufällige Dachkonstruktion scheinend. All das und auch alles andere in der wunderschönen Sharks Bay – so erfuhr ich am nächsten Tag – gehörte den Beduinen. Mir war sofort klar: Ich musste diesen Mann treffen. Meine erste Begegnung mit meinem potenziellen Vermieter Mr. Fareg Saad gestaltete sich mehr als denkwürdig.
Ich hatte eine gefühlte Ewigkeit meine Runden am Strand gedreht. War aufgestanden, hatte mich wieder gesetzt, um gleich wieder unruhig loszulaufen. Mit knapp zwei Stunden Verspätung stand er dann endlich vor mir. Ich, Klaus Reinhard mit knappen 1,70 in Shorts und T-Shirt traf auf diesen großen stattlichen Beduinen mit mehr als 1,95 m Körpermaß. Einander taxierend standen wir uns gegenüber. Er war hager und in eine landestypische Kalabea und einen rot weißen Turban gehüllt.
Das markante, fast scharfkantige Gesicht wurde dominiert von seinen tiefschwarzen Augen, die mich während unseres Gespräches musterten. Dort wo heute die beliebten Strandzimmer 1, 2 und 3 stehen, saßen wir also vor knapp zehn Jahren auf dem Boden der ehemaligen Rezeption. Tee trinkend und redend, trug ich Mr. Saad mein Anliegen und den Wunsch nach einem Mietvertrag vor. Er hörte aufmerksam zu und bot mir fortwährend Tee an. Hatte ich meinen Tee ausgetrunken, folgte ein Gebet. Wieder und wieder trug ich meinen Wunsch nach einem Vertrag vor. Wieder und wieder trank ich Tee, aß eine Kleinigkeit und nahm an seinem Gebet teil.
Tag um Tag dasselbe Ritual. Die Tage gingen ins Land, mein Teekonsum stieg exorbitant und auch meine Gebete wurden immer länger. „Herr, bitte mach, dass er mir endlich diesen Vertrag gibt.“ Stets begannen unsere Gespräche mit Formalien, stets endeten sie in Gebeten und Tee Zeit. Alles was mir fehlte, war diese eine verdammte Unterschrift. Und hier war mein wahres Problem: Deutsche Korrektheit traf auf arabische Gepflogenheit: Denn bei den Beduinen zählt allein das Wort eines Geschäftsmannes. Alles andere empfindet dieser spezielle Schlag an Menschen an Beleidigung und Affront. Seit nunmehr zehn Jahren haben wir also eine tragfähige Geschäftsbeziehung, deren Basis das Wort zweier Männer ist, ihr Handschlag und das gegenseitige Vertrauen. So war es vor zehn Jahren und so ist es bis heute geblieben. Mein warmherziger Dank an dieser Stelle an Mr. Saad und seine Familie!
Ich konnte also starten. Der Umbau der Gebäude für die Sunshine Divers Tauchschule konnte endlich beginnen. Wie aufregend. Lebens 3.0 konnte endlich beginnen. Voller Enthusiasmus fuhr ich am nächsten Tag mit einer reichlich befüllten Einkaufsliste in den örtlichen Baumarkt. Und nahm die positive Erfahrung – von wegen Handschlag und so – mit auf meine Shoppingtour. Natürlich sei die Beschaffung von diesem und jenem kein Problem. Ach hätte ich doch damals gewusst, dass nicht alle Ägypter Beduinen sind und für den kleinen Angestellte in der lokalen Baumarkt-Kette ganz andere Regeln gelten …. Davon mehr im nächsten Kapitel 3…